Ein Nein ist ein Ja zu uns selbst

Es hilft unserer psychischen Gesundheit sehr, wenn wir Grenzen setzen.

Ein Nein zu anderen ist ein Ja zu uns selbst. Denn durch die Entscheidung eines Nein entscheiden wir uns auch für etwas, das uns am Herzen liegt. Das kann Zeit für uns selbst sein, eine Aktivität oder etwas Anderes.

Grenzen setzen können wir auf ganz unterschiedliche Weisen. Es muss jedoch nicht immer ein „Nein“ sein oder in Worte gefasst werden. Schon unsere Körpersprache kann ausstrahlen, wo unsere Grenzen gesetzt sind.

Damit wir unsere eigenen Grenzen gut spüren können, sollten wir unseren Körper kennenlernen. Denn Gefühle wie Wut zeigen eine Grenzverletzung an, und es ist hilfreich, die Wut zuzulassen und zu spüren.

Die Wut will uns lediglich zeigen, wo wir gut für uns selbst sorgen können.

Wenn wir glauben, dass es schwierig ist, Grenzen zu setzen, oder wir wissen vermeintlich gar nicht, wie das gehen könnte, so kennen wir lediglich den Weg noch nicht.

Es gibt immer einen Weg, uns selbst zu erkunden, wir müssen ihn nur finden.

Wir können zum Beispiel damit beginnen, zu schauen, wann wir in Wut geraten. Was ist zuvor passiert? Gab es eine bestimmte Situation, die der Auslöser war? Oder schwelt schon länger etwas in uns, was wir gar nicht einer bestimmten Situation zuordnen können?

Es ist sehr wertvoll, wenn wir uns selbst beobachten lernen. Auf diese Weise können wir Hinweise bekommen, wo wir in Zukunft Grenzen ziehen sollten, damit es uns wieder gut geht.

Wir können jederzeit damit anfangen, da jeder Moment uns jede Situation die uns die Gelegenheit bietet, uns neu zu entscheiden.

Wut zur Veränderung

Ja, du hast richtig gelesen. Der Titel lautet Wut zur Veränderung, nicht Mut zur Veränderung. Die Wut ist, evolutionär betrachtet, eine nützliche Emotion, um uns vor der Gefahr zu schützen, nicht zu überleben. Wenn unsere Vorfahren zum Beispiel beim Jagen erfolglos blieben, konnte das existenzielle Konsequenzen haben. Denn ohne Beute kein Essen, und damit war das Überleben in Gefahr. Die dann aufkommende Wut sollte dazu veranlassen, etwas zu verändern, damit die Jagd wieder erfolgreich wird. Aus der Evolution heraus war Wut also nützlich, da sie unser Überleben sicherte.

Die Kraft der Wut

Wut hat daher eine immense Kraft und besitzt eine große Energie. Sie kann daher auch sehr zerstörerisch sein. Wenn wir der Wut freien Lauf lassen, dann bereuen wir später fast immer, was geschehen ist: Im schlimmsten Fall machen wir Dinge kaputt, oder wir lassen der Wut mit Worten freien Lauf und sagen Sätze wie: “Das wollte ich Dir immer schon mal sagen, Du (-hier etwas Beliebiges einfügen-)!“. Das tut und und unseren Beziehungen nicht gut. Die Wut kann sich sogar gegen uns selbst richten und wir können uns dabei verletzen.

Ein Signal für Veränderung

In Wut geraten wir also dann, wenn in unserem Leben Dinge nicht so laufen, wie wir es uns wünschen oder wie wir es geplant oder uns vorgestellt hatten. Zuerst entsteht vielleicht nur leichter Ärger, der sich später dann in Wut oder sogar Hass als ultimative Steigerung wandelt.

Die Wut will uns also zeigen, was gerade nicht gut für uns läuft. Sie ist ein Signal für eine Veränderung, die wir angehen sollen. Dieses Signal gilt zu erkennen und somit in Zukunft dafür zu sorgen, dass Wut seltener auftritt oder sogar ganz verschwindet.

Wie können wir Wut nutzen?

Wut ist ganz einfach betrachtet erstmal pure Energie. Und Energie an sich ist nichts Schlechtes, sondern im Gegenteil, etwas sehr Gutes! Denn nur mit viel Energie können wir unser Leben nach unseren Bedürfnissen gestalten. Das Problem mit Wut, der wir freien Lauf lassen, ist nur, dass die wertvolle Energie im Grunde verpufft. Wir können sie dann nicht mehr nutzen, weil uns das Freilassen der Wut erschöpft hat.

Daher ist es wichtig, dass wir nicht dem ersten Impuls folgen, der die Wut in uns ausgelöst hat. Je stärker sie ist, desto stärker ist auch der Impuls, jetzt sofort handeln zu müssen. Doch es gibt immer die Zeit zwischen dem Aufkommen der Wut und dem Handeln. Und diesen Zeitraum können wir nutzen. Wir horchen in uns hinein, was uns denn die Wut eigentlich sagen will. Ist es wirklich das hupende Auto vor dem Fenster, das uns aufregt? Oder der Nachbar, der zu laut Musik hört? Oder die Freundin oder der Freund, weil sie oder er mir noch nicht geantwortet hat auf meine Nachricht? Oder mein Partner, der nicht so reagiert hat, wie es mir gewünscht habe? Oder der Chef, welcher mir nicht das erwartete Feedback gegeben hat?

In uns hineinhorchen können wir auf ganz unterschiedliche Weisen machen. Wir können unseren Atem nutzen und konzentrieren uns darauf, atmen zum Beispiel 10 Mal tief ein und aus, bevor wir reagieren. Oder wir hören Naturgeräusche oder beruhigende Musik, das muss auch nicht lang sein, eine Minute reicht dafür häufig schon. Eine andere Möglichkeit ist auch ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft, etwas Sport, falls in der Situation möglich. Oder Ihr hört einfach nur in der Stille in Euch.

Es ist deine Wut

Die Wut hat erstmal mit uns selbst zu tun und mit unserer Wahrnehmung, nicht mit einem anderen Menschen oder der Umwelt, in der wir uns bewegen. Es kann uns viel widerfahren, doch es liegt an uns, wie wir reagieren. Daher liegt es an uns, unseren Fokus der Aufmerksamkeit zu verändern.

Vielleicht könnt Ihr die positive Erfahrung machen, dass Ihr nach dem Hineinhorchen auf neue Ideen kommt, was Ihr tun könnt, anstatt der Wut freien Lauf zu lassen. Es gibt so viele Gestaltungsmöglichkeiten für dieses Leben, für unsere Beziehungen, unseren Beruf und vieles mehr.

Nutzen wir unsere Möglichkeiten. Wir haben die Wahl. Wir haben vielleicht nicht immer die Wahl des Umfelds, doch wir haben die Wahl einer eigenen inneren Einstellung. Und die kann uns nichts und niemand nehmen. Die Veränderung liegt in jedem Menschen selbst, sie kommt von innen.

Es liegt an uns.